Eine unbehandelte Depression kann auch tödlich enden: die Suizidrate bei Depressionen im Alter liegt in Deutschland rund fünf Mal so hoch wie bei jüngeren Erwachsenen. Von den jährlichen 9000 Suiziden geht die Mehrzahl auf psychische Erkrankungen zurück.
Diese Fehleinschätzung der Bevölkerung und der Ärzte führt zu einer nicht adäquaten oder gar ausbleibenden Behandlung der Senioren, was zu einer drastischen Erhöhung des Suizidrisikos beiträgt. Die Realität sieht so aus, dass nur sehr selten Antidepressiva verschrieben werden und die Abrechnungsdaten der Krankenkassen vom Jahr 2016 deutlich aufzeigen, dass nur etwa 5 % der Patienten (> 65 Jahre), bei denen eine Depression diagnostiziert worden ist, sich in einer ambulanten psychotherapeutischen Behandlung befanden. Tatsächlich waren bei den Befragten von den Erkrankten über 70 Jahre nur 12 % in psychotherapeutischer Behandlung, wohingegen es bei den Befragten zwischen 30 und 69 Jahren 31 % waren.
Es liegt aber nicht am Unwillen der Senioren, was 71 % der Bevölkerung vermutet. Die Umfrage hat gezeigt, dass gut zwei Drittel (64 %) bereit wären, eine Therapie zu machen. Es werden zwei mögliche Ursachen in Betracht gezogen: Zum einen klagen ältere Menschen eher über somatische Probleme (z. B. Magen- oder Kopfschmerzen), was die richtige Diagnose des Arztes erschwert. Zum anderen besteht in unserer Gesellschaft das Altersstereotyp vom alten niedergeschlagenen Menschen, der Partner und Freunde verloren hat. Nur ist Trauer nicht mit einer Depression gleichzusetzen.
Viele unterschätzen auch den zeitlichen Wandel: Die heutigen 70-Jährigen sind körperlich und mental deutlich fitter als noch vor 20 Jahren! Diesen modernen Umstand hat man generell bei Diagnosen zu berücksichtigen, für einen gerechten und respektvollen Umgang.