Das Seelenheil im Netz finden? Chancen & Grenzen der Internettherapie
14.11.2016
Psychotherapeutische Angebote haben in den letzten Jahren stark zugenommen. Statt sich in die Praxis eines Therapeuten zu begeben, können psychisch Erkrankte heute eine Onlinetherapie in Anspruch nehmen. Doch wie effektiv sind Angebote mit digitalen Medien für die psychische Gesundheit des Menschen?
Patienten würden es sich wünschen, Forscher belegen eine hohe Wirksamkeit und die Therapeuten freunden sich so langsam mit dem Gedanken an. Trotzdem ist die Onlinetherapie noch nicht in der Regelversorgung in Deutschland angekommen. Die meisten Angebote sind zwar für die Patienten kostenfrei, existieren bisher aber nur im Rahmen von Forschungsvorhaben. Krankenkassen bezahlen das neue Verfahren nicht und die Berufsordnung der Psychotherapeuten verbietet eine Therapie ohne persönlichen Kontakt. Dabei würden Onlinetherapien dabei helfen, das gravierende Versorgungsproblem bei psychischen Erkrankungen zu lösen.
In den Niederlanden, England, Schweden oder Australien sind Onlinetherapien bereits seit 2006 fester Bestandteil. Deutschland hinkt hinterher. Das liegt vor allem an zwei grundlegenden Problemen:
Therapeuten dürfen reine Onlinetherapie nicht anbieten. Die Berufsordnung für Psychotherapeuten sieht vor, dass ein persönlicher Kontakt zwischen ihnen und dem Patienten besteht und dass die Therapie in den Praxisräumen stattfindet. Onlinetherapie wird den Therapeuten in den Leitlinien bisher nicht empfohlen. Wer sie nutzt, darf sie nur therapiebegleitend durchführen. Auflösen könnte das Fernverhandlungsverbot nur der Gesetzgeber selbst.
Ist zwischen qualitativ hochwertigen und weniger hochwertigen Angeboten kaum zu unterscheiden. Therapeuten und Krankenkassen fordern deshalb die Einführung von Qualitätsstandards und Gütesiegeln.
Onlinetherapie kommt zudem nicht für jedes Krankheitsbild infrage. Wissenschaftler und Therapeuten sind sich einig, welche Krankheitsbilder nicht behandelt werden sollten:
- schwere und chronische Störungen
- Psychosen
- manisch-depressive Erkrankungen
- Persönlichkeitsstörungen
- selbstmordgefährdete Patienten
Trotz einiger Schwierigkeiten und Hindernisse ist davon auszugehen, dass die Versorgungsform der Onlinetherapie irgendwann einen festen Platz neben der konservativen Therapie einnehmen wird. Es wird wohl noch einige Jahre dauern, bis jeder, der einen Anspruch auf die Onlinetherapie hätte, sie auch nutzen kann. Die konservative Therapie um etwas Neues zu ergänzen ist nicht einfach. Es braucht umfassende Forschungen, bevor etwas Neues implementiert wird.